Montag, 16. November 2009

Zu viel des Guten...?




Dieses Thema hat fast ganz Deutschland in den Bann gezogen. Der Selbstmord von Robert Enke letzten Dienstag. War dieser ganze Trubel gerechtfertigt?

Meiner Meinung nach nein. Es ist sehr traurig und immer schlimm für die Angehörigen, wenn ein Mensch aus ihrer Mitte gerissen wird. Es ist ein ungeheurer Schmerz einen Menschen zu verlieren den man geliebt hat. Das steht sicherlich auch nicht zur Diskussion.
Aber was hier getan wurde, ist meiner Meinung nach nur noch übertrieben.

Als ich heute Morgen über die verschieden Titelblätter der Zeitungen flog, gab es bis auf wenige Ausnahmen, wie das Handelsblatt, nur ein Thema. Die Trauerfeier für Robert Enke. Sogar konservative Zeitungen wie die FAZ ließen es sich nicht nehmen, sich gleich auf Seite 1 damit zu beschäftigen.

Meiner Meinung nach ist es unangebracht, einen Gottesdienst im Ersten Deutschen Fernsehen zu übertragen, für jemand der sich selber für den Freitod entschieden hat. Kein Frage, er litt unter Depressionen, aber er hat sich geweigert sich gegen diese behandeln zu lassen. Sogar noch kurz vor dem Selbstmord. Und dass, obwohl er vor 2 Monaten eine Tochter adoptiert hat. Hier denke ich, sind seine Frau und seine Familie nicht ganz unschuldig. Obwohl ihnen diese Tatsache begekannt war, haben sie, gut die Familie weniger, aber seine Frau, dieser Adoption zugestimmt. Trotz der Tatsache, dass Enke sich geweigert hat, sich behandeln zu lassen. Und nun muss eine Tochter ohne ihren Vater aufwaschen.

Ich find es vollkommen gerechtfertigt, wenn ein Verein in dem Station Abschied von einem ihrer Spieler nimmt. Das gleich ein halber Volkstrauertag daraus gemacht wird und ein Anlass, nämlich der Gedenktag an alle Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, welcher am selben Tag stattfand, total in den Hintergrund rückt, ist nicht fair. Diese Menschen hatten nicht die Wahl. Sie konnten sich nicht entscheiden. Ob man glaubt, die Politiker die im Stadion waren, pilgerten aufgrund von Anteilnahme und nicht nur zum Sympathie unter Wählern und somit eventuell die ein oder andere Stimme sammeln zur Trauerfeier, ist jedem selbst überlassen. Und wenn Frau Merkel gleich am nächsten Tag einen persönlichen Brief an die Witwe schreibt, könnte man denken, dass ein bedeutender Staatsmann ums Leben gekommen ist. Nein, das alles finde ich nicht gerechtfertigt und übertrieben.

Aber am unfairsten finde ich das alles gegenüber Menschen, die einen Angehörigen oder Geliebten durch ein Gewaltverbrechen, Unfall oder Krankheit verloren haben. Egal ob Angehörige von Soldaten, die im Einsatz in Afghanistan ihr Leben ließen oder an von Krebskranken, oder Opfern von schweren Autounfällen. Sie erhalten nicht einmal 5% der Anteilnahme und des Rückhaltes in der Bevölkerung, die ein Mensch erhält, der „nur“ Fußballer war, medizinische Hilfe abgelehnt hat und sich den Freitod „entschieden“ hat…

Das finde ich ungerecht und nicht in Ordnung…



Außerdem werfen sich statistisch gesehen jeden tag 3 Menschen in Deutschland vor einen Zug...dieser Medienrummel könnte dazu führen, dass es vielleicht bald mehr werden. Denn die Leute die mit einem solchen Gedanken spielen sehen ja jetzt, was es für Wellen schlägt und ahmen es nach in der Hoffnung doch noch im gewünschten Mittelpunkt zu stehen und die oft nicht erhaltene Aufmerksamkeit zu bekommen...

4 Kommentare:

Jule hat gesagt…

Der Tod von Robert Enke hat große Wellen in den Medien, aber auch in der Gesellschaft geschlagen. Dadurch, dass Robert Enke in der Öffentlichkeit stand und eigentlich nie durch Skandale aufgefallen ist, trifft sein Tod viele Menschen besonders stark. Robert Enke hatte Depressionen. Ein Tabuthema in der Gesellschaft. Menschen mit Depressionen werden in den Köpfen der Menschen oft als verrückt oder übergeschnappt, als Menschen die in Selbstmitleid versinken, als Menschen, die ihr Leben nicht in den Griff bekommen angesehen. Depressionen werden oft nicht als Krankheit angesehen, doch es ist eine Krankheit wie eine Grippe oder eine Lungenentzündung, man kann sie behandeln. Robert Enke hat auf Grund dieser Krankheit seinem Leben ein Ende gesetzt. Doch warum rückt sein Freitod so groß in die Presse? Weil er eine Persönlichkeit war, die in der Öffentlichkeit stand? Weil er ein toller Sportler war? Bestimmt auch, aber vielleicht auch deswegen, weil sich die Gesellschaft noch nie wirklich mit dieser Krankheit auseinander gesetzt hat, weil diese Krankheit schon immer negativ behaftet war? In meinem Kopf drehen sich viele Fragen im Kreis: Trauert die Gesellschaft um die Person Robert Enke? Fühlt sie sich schuldig oder hatte sie ein schlechtes Gewissen, weil Depressionen immer als Tabuthema behandelt wurden und durch eine offene Einstellung gegenüber dieser Krankheit Robert Enke vielleicht nicht die Entscheidung getroffen hätte, sein Leben so früh zu beenden? Was wäre in der Presse gestanden, wenn die Tatsache, dass Robert Enke Depressionen hatte, nie bekannt geworden wäre? Wäre der Medienhype genauso groß gewesen bzw. wäre er auch wie ein „Held“ behandelt worden?

Jule hat gesagt…

Ich kann mich nicht wirklich entscheiden auf welcher Seite ich stehen soll. Ich verstehe, dass die Menschen trauern wollen, ich verstehe, dass es in den Medien berichtet wird und ich verstehe auch, dass seine Fußballmannschaft im Stadion ihm die letzte Ehre erwiesen hat. Doch Robert Enke ist nur eine Person von so vielen, der Depressionen hatte. Schauen wir doch mal nach rechts oder links, auf Menschen in unserem Umfeld, auf Menschen wie du und ich. Wissen wir, wie es ihnen geht? Wissen wir, was sie bewegt, wovor sie Angst haben? Wollen wir es denn wissen oder verschließen wir die Augen davor? Wievielen Menschen hätte geholfen werden können, wenn man ihnen die nötige Aufmerksamkeit, das nötige Verständnis entgegengebracht hätte? Ich sage es noch einmal: Depressionen sind eine Krankheit und nichts Abwertendes. Wieviele Menschen werfen sich täglich vor einen Zug und wieviel Aufmerksamkeit bekommen sie in der Presse? Was denken Menschen mit Depressionen über Enkes Freitod? Ich glaube Enkes Tod wird in der Presse nur so groß aufgeblasen, weil er erstens eine Person war, die Deutschland kennt und zweitens da sein Tod nun in Verbindung mit diesem Tabuthema steht. Trotzalledem ist Selbstmord keine Lösung und in der Presse wird dieser, gerade durch das Thema Depression, beschönigt. Warum? Weil wir als Gesellschaft die Augen verschlossen haben, was dieses Thema anbetrifft und es jetzt schönreden und seinen Tod damit rechtfertigen wollen? Wäre das Thema Depressionen aufgearbeitet worden, wäre in den Medien kein so großer Rummel um Enkes Tod gewesen, dann wären Depressionen so normal wie eine Lungenentzündung, würde man sich dann überlegen, sich behandeln zu lassen? Würde man sich dann Gedanken darüber machen, was die anderen Menschen denken? Ich glaube nicht. Dann würde der Tod von Robert Enke vielleicht in einem ganz anderen Licht stehen. Vielleicht hätte kein so großer Medienhype stattgefunden. Vielleicht wäre dann wirklich nur um die Person Robert Enkes getrauert worden. Wieviele hätten dann noch wirklich getrauert? Wieviele hätten dann noch Verständnis für seinen Freitod gehabt? Wäre das Stadion bei seiner Trauerfeier auch voll gewesen? Es steht uns nicht zu darüber zu urteilen. Wir als Gesellschaft sollten uns nur überlegen, was für uns wichtig ist, wo wir nicht weg schauen sollten. Und jeder sollte sich all diese Fragen in Bezug auf Robert Enkes Tod einmal selber stellen.

MaVeriC hat gesagt…

Hey Jule,

vielen Dank für deine Meinung. Interessante Überlegung. Aber sind Depressionen wirklich so ein Tabuthema, außer vllt im Profisport? Denke, dass Stadion wäre auch voll geworden, wenn er sich aus anderen Gründen für den Freitod entschieden hätte. Allein schon durch den Medienrummel. Denn irgendjemand vierdient an der ganzen Geschichte auch wieder Geld. Genauso wie bei anderen schlimmen Vorfallen, wie Winnenden und Co...

LG
mAv

Jule hat gesagt…

Hey mAv,
also ich glaube schon, dass Depressionen ein Tabuthema sind. Wievielen Leuten begegnest du, die dir erzählen: Hey ich muss noch kurz in die Apotheke ein Mittel gegen Depressionen holen? Und wievielen Leuten begegenest du, die dir erzählen: Hey ich muss noch kurz in die Apotheke ein Mittel gegen Kopfschmerzen holen? Beides sind Krankheiten. Aber über Depressionen wird nicht geredet. Für Krankheiten kann man doch aber nichts oder?
Zu der Mediensache: Klar hätte die Presse trotzdem einen Rummel um Enkes Tod gemacht. Doch wäre er in der Presse dann auch so positiv dargestellt worden? Oder wären dann irgendwelche nicht vorhandenen Skandale ausgegraben worden? Die herzzerreißende Pressekonferenz mit der Witwe Enkes hätte auch nicht stattgefunden. Klar, man weiß es nicht.
Noch ganz kurz zu Winnenden: In welchem Zusammenhang wurde denn immer darüber berichtet? Im Zusammenhang mit Schusswaffen und Killerspielen. Auch eine Art "Tabuthema" das keiner so wirklich wahr haben will.
LG Jule